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Die Ostdeutschen als Avantgarde

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Wolfgang Engler:  Die Ostdeutschen als Avantgarde

Cover: Die Ostdeutschen als Avantgarde

Aufbau Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783351025458
Gebunden, 207 Seiten, 16,50 EUR

Klappentext

„Keine Experimente!“ stand Ende 1989 auf vielen Transparenten, als die Wende von der demokratischen in die nationale Phase übergegangen war. Unterdessen ist der Osten Deutschlands zu einem der größten Experimentierfelder der jüngeren Geschichte geworden. Engler schildert die Auswirkungen des Umbruchs auf die Arbeits- und Privatverhältnisse, auf die Beziehungen der Menschen zueinander und zu sich selbst.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.05.2003

Die Soziologie hat das Problem „ihren stets oszillierenden Gegenstand zu definieren“. Allemal deutlich wird diese „Definitionsmacht von Sprache und Stil“ am Werk des Soziologen und Kulturwissenschaftler Wolfgang Engler, findet Beatrix Langner. Im Gegensatz zu früheren Studien, in denen Engler die Betrachtung der „Ostdeutschen“ als eine „territorial-politische Bevölkerungsgruppe“ vorangetrieben hatte, versuche er nun, „aus dem semantischen Feld sozialer und politischer Degradation herauszufinden“. Zwar sei seine „Begrifflichkeit oft kurzatmig“ und seine Methodologie sowieso fragwürdig, doch seine „soziale Phantasie “ sei viel zu „temperamentvoll“, als dass er sich den „Regeln der Zunft mehr als nötig unterwerfen“ müsste, lobt Beatrix Langner diese „eindrucksvolle Fiktion“ einer postindustriellen Gesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.12.2002

Wie viel man diesem Buch abgewinnen kann, liegt nach Meinung des Rezensenten mit dem Kürzel F.P. vor allem daran, was man davon erwartet. Der Rezensent empfiehlt, das Buch als politischen Essay, in dem „laut überlegt“ wird, zu lesen. Nach F.P.s Meinung ist manches an dem Buch unausgegoren, zum Beispiel Wolfgang Englers Meinung zur Ursache der hohen Arbeitslosigkeit im Osten. Außerdem befindet F.P., dass viele Thesen „verrückt und unhaltbar“ klängen. Doch es stecken trotzdem spannende Ideen darin, die zum Mitüberlegen einladen – etwa unkonventionelle Vorschläge dazu, wie man mit Arbeitslosigkeit umgehen kann. Wie Engler versucht, den Millionen Arbeitslosen im Osten Mut zu machen für eine neue Existenz ohne Arbeit, findet F.P. ehrenwert – und nahezu poetisch.

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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Auch wissenschaftliche Studien entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern im zeitgeschichtlichen Kontext, weiß Sighard Neckel und erkennt in den soziologischen Arbeiten des Ostdeutschen Wolfgang Engler, der an der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“ Kulturwissenschaften lehrt, für diese „Einsicht der Interpretationslehre“ einen schlagenden Beweis. Denn leider sei Engler, bedauert der Rezensent, mit seinen letzten beiden Büchern „Die Ostdeutschen“ von 1999 und „Die Ostdeutschen als Avantgarde“ zum „Propagandisten der ostdeutschen Selbstethnisierung“ geworden. „Die Ostdeutschen als Avantgarde“ lese sich als direkte Fortsetzung zu „Die Ostdeutschen“ und schließe damit nahtlos an die „analytische Selbstgenügsamkeit“ des Vorgängers an, die soziale Realität in der DDR von der politischen zu trennen. „Naiv“ findet Neckel die Annahme Englers, „SED-Autokratie“ und soziale Lebenswelt hätten einander widersprochen. Auch sei das empirische Material des Autors eher mager und mitunter rede Engler sogar „soziologischen Unsinn“, etwa, wenn er behaupte, die Arbeiter hätten in der DDR sozial und kulturell Oberwasser gehabt. Richtig bedenklich findet Neckel, dass Engler die „völkischen Seiten“ der DDR-Bürger mit einem westdeutschen „Rassismus des Geldes“ gleichsetzt. Diese Argumentation nämlich würde „exakt“ von manch ostdeutschem „Stamm“ zur Rechfertigung seiner Fremdenfeindlichkeit ins Feld geführt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Jens Bisky bespricht in einer groß angelegten Kritik zwei Bücher über das Leben der Ostdeutschen, das sich, wie der Rezensent meint, bisher als „theorie- und deutungsresistent“ erwiesen hat: Wolfgang Englers „Die Ostdeutschen als Avantgarde“ und Jana Hensels „Zonenkinder“.
Wolfgang Engler charakterisiert der Rezensent als „anregendsten Geschichtenerzähler“ der DDR. Bisky meint in dem Buch zu spüren, dass der Autor „erzählt, um zu begreifen“. Vor allem Englers „plastisches Verhältnis zur Wirklichkeit“ fasziniert den Rezensenten, der die große „Suggestionskraft“ der Texte rühmt. Bisky attestiert dem Autor einen „scharfen Blick“ für die Widersprüche der ostdeutschen Gesellschaft und sieht das Interesse für individuelle Lebensläufe und Familiengeschichten mit einem „konstruktiven, geschichtsphilosophisch inspirierten Ehrgeiz“ gepaart. Dennoch findet der Rezensent, dass die Ausführungen Englers, seine Beispiele, Novellen und Statistiken insgesamt den Eindruck eines „Spiegelkabinetts“ machen, die Wirkung eines „Traumbildes“ entfalten, das für Bisky gleichzeitig etwas „Bestechendes“ und „Erschreckendes“ hat. Abschließend aber befindet der Rezensent, dass wer die ostdeutsche Gesellschaft „verstehen will“ unbedingt „Engler lesen“ muss.

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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Alltagssoziologie einer Gesellschaft im Übergang, Kritik des Kapitalismus, und nicht zuletzt ein Stück Utopie. All das ist Wolfgang Englers Buch „Die Ostdeutschen als Avantgarde“, freut sich Warnfried Dettling. Wie er darlegt, rekonstruiert Engler darin Idee und Erfahrung einer anderen Gesellschaft, wie sie in den Köpfen vieler Ostdeutscher noch lebendig ist. Zwar sei Engler klar, dass die DDR als Ganzes gescheitert sei – er kenne und nenne die Gründe. Doch sucht er, so Dettling, „das Richtige im Falschen zu bewahren, ‚aufzuheben‘ und produktiv zu machen für eine Gesellschaft, die den bürokratischen Sozialismus ebenso überwindet wie einen ungerechten und undemokratischen Kapitalismus“. Englers starke Beschreibung der Gefühle und Mentalitäten der Ostdeutschen haben Dettling gut gefallen, zugleich hält er sie für unbefriedigend, da sie auf eine Reflexion der Befindlichkeiten verzichteten. Als Tenor des gesamten Buches macht er die Hoffnung aus, man könne alles zugleich haben: Wohlstand, Sicherheit, Freiheit, Gleichheit. Einiges gäbe es da zu kritisieren, findet Dettling. Trotzdem wünscht er dem Buch, das er für seine „gescheiten Diskurse“, seine „schöne, jargonfreie Sprache“ und für auch seine Provokationen lobt, viele Leser.

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